Veil of Water
Entstehungsgeschichte:
Auch dieses Bild der Schleierfälle in Bayern entstand während eines Familienurlaubs. Nachdem ich mich erfolgreich vor der geplanten Shopping-Tour meiner Damen drücken konnte, hatte ich an diesem Oktobermorgen etwas Zeit zum Fotografieren.
Während der oberflächlichen Recherche nach potentiellen Locations fiel mir auf, dass die hübschen Schleierfälle nicht weit von unserer Ferienunterkunft in Wildsteig entfernt liegen. Diese Fälle entstehen durch einen Bach, der am Hochufer entspringt und die Hangkante der Ammerschlucht hinabstürzt. Im Laufe der Zeit hat er an der Hangkante einen Balkon aus Kalktuff abgeschieden, der mit Moos bewachsen ist. Das Moos vereinzelt das fallende Wasser zu einzelnen Strähnen, so dass ein Wasserschleier entsteht.
Dieses attraktive Naturschauspiel sollte doch einen fotografischen Besuch wert sein, oder? Da Frau und Töchter schon in 2 Stunden zurück sein wollten, war allerdings etwas Eile geboten, so dass ich schnell meinen Kamerarucksack schulterte und mir die Wegbeschreibung bis zum Parkplatz noch im Haus per WLAN auf mein Handy zog - die Mobilfunk-Netzabdeckung rund um unser Feriendomizil war nämlich nicht existent.
Irgendwie war ich der Meinung, dass die Schleierfälle südlich liegen müssten und lenkte den Wagen nach Verlassen der Einfahrt dementsprechend in diese Richtung, doch schnell ertönte das altbekannte “Wenn möglich, bitte wenden!” meines Navis. Gut, da hatte ich mich wohl vertan! Erst nachdem ich das Auto gewendet hatte und direkt nach der Vorbeifahrt an unserer Unterkunft wieder “Wenn möglich, bitte wenden!” vernehmen musste, realisierte ich, dass der Parkplatz nur ein paar Schritte von unserem Haus entfernt liegt.
Nach dieser Meisterleistung orientierte ich mich - wieder in WLAN-Nähe - anhand meiner Karten-App etwas genauer mit der Lage der Schleierfälle, verlor beim Wandern durch den dichten Wald ohne GPS und Mobilfunk aber erneut die Orientierung und fand mich schließlich an der oberen Hangkante wieder. Nach 30 Minuten des planlosen Umherirrens stand ich irgendwann doch vor dem Objekt der Begierde und experimentierte mit einigen Kompositionen, immer peinlich genau darauf achtend, dass ich das geltende Betretungsverbot nicht verletzte.
Nachdem ich mich auf einen Kamerastandpunkt festgelegt hatte, schraubte ich zur Reflexionsverminderung den Pol-Filter an mein Objektiv und fand heraus, dass das herabfließende Wasser am besten bei einer Belichtungszeit von einer Sekunde zur Geltung kommt, was der Einsatz eines zusätzlichen 3X-Graufilters möglich machte.
Auf dem Rückweg zur Ferienunterkunft verlief ich mich selbstverständlich wieder im Wald und war weit nach dem Rest meiner Familie, die sich aufgrund meiner telefonischen Nicht-Erreichbarkeit schon etwas Sorgen machte, wieder am Haus.
Aufnahmeinformationen:
24.10.2019, 10:36 Uhr
Nikon D750 | Tamron SP 24-70mm F/2.8 Di VC USD @ 65mm
Belichtungseinstellungen:
f/8 | ISO 100 | 1 Sekunde
3X-ND-Filter + Pol-Filter
Bearbeitung:
Adobe Lightroom
Adobe Photoshop
Google Nik Collection
Die Nachbearbeitung - Schwarz-Weiß als letzte Rettung:
Da ich mit der Nachbearbeitung meiner Fotos immer mehrere Monate hinterherhinke, konnte ich mich erst im Frühsommer des nächsten Jahres diesem Bild widmen.
Trotz aller Bemühungen gelang es mir nicht, aus den gemachten Aufnahmen ein ansprechendes Bild zu destillieren. Ohne die Ursachen benennen zu können, wollte mir das Endergebnis partout nicht gefallen, und ich war schon kurz davor diese Fotosession als gescheitert zu deklarieren und das Bild ins digitale Nirvana zu schicken.
Erst in allerletzter Sekunde probierte ich es noch mit einer Schwarz-Weiß Konvertierung, und siehe da: Das Foto wirkte gleich viel besser!
Nachdem ich noch ein wenig mit den Einstellungen spielte, den Kontrast erhöhte und eine leichte Tonung hinzufügte, hatte ich letztendlich doch noch ein Bild, welches in meinen Augen gut genug war, um es auf den einschlägigen Fotoplattformen veröffentlichen zu können.
Vermutlich aufgrund meines vorausgegangenen Frustes mit “Veil of Water” war ich dieser Aufnahme zwar nicht wirklich zugeneigt und rechnete mit eher verhaltenen Reaktionen meiner Fotofreunde, gab mir aber letztlich einen Ruck und lud das Bild hoch.
Was soll ich sagen? Völlig unerwartet bekam ich zuhauf positives Feedback, und erst nach dem Zeigen der ursprünglichen Farbversion wollten mir die Leute glauben, dass dieses Bild eigentlich schon dem Tode geweiht war. Im Endeffekt wurde “Veil of Water” eines meiner erfolgreichsten Fotos, und mit etwas zeitlichem Abstand zu der ursprünglichen Bearbeitung und den damit verbundenen Problemen mag ich dieses Bild inzwischen sehr gerne. Nachdem ich den Probedruck auf einem matten Fine Art Papier gesehen habe, entschloss ich mich sogar dazu, dieses Bild zu einem der 20 Kandidaten für meinen kommenden Print-Shop zu küren.
“Veil of Water” ist ein perfektes Beispiel dafür, warum Schwarz-Weiß manchmal besser wirkt als Farbe. Warum das so ist, habe ich ausführlich in diesem Blogbeitrag erläutert.
Schleierfälle
Hargenwies 2
82409 Wildsteig
Deutschland