Früher oder später kommt wohl jeder ambitionierter Hobbyfotograf in die Situation, dass er von Freunden, Bekannten oder Verwandten angefragt wird eine Feierlichkeit fotografisch zu dokumentieren. In meinem Fall bat mich ein lieber Arbeitskollege darum seine Trauung zu fotografieren, wohl wissend, dass ich im Bereich der Portraitfotografie kaum, und in der Hochzeitsfotografie gar keine Erfahrung hatte.
Im Folgenden findet ihr 10 kleine Punkte, die ich im Laufe dieses Projektes gelernt habe. Eventuell sind meine Anmerkungen ja für den einen oder anderen von euch hilfreich, wenn er irgendwann gefragt wird: “Kannst Du wohl meine Hochzeit fotografieren?”
Bereite Dich gut vor!
Im Vorfeld habe ich mir viele Gedanken gemacht, ob ich aufgrund meiner mangelnden Erfahrung in diesem Genre überhaupt in der Lage bin so eine Hochzeit angemessen zu fotografieren. Schließlich ist das ein einmaliger und ganz besonderer Tag für das Paar, keinesfalls wollte ich die beiden enttäuschen. Im Gegensatz zu meiner sonstigen Fotografie konnte ich mich nicht per Try & Error an ein gutes Ergebnis herantasten: Der erste Kuss, das Anschneiden der Torte, der Eröffnungstanz, all das und noch viel mehr passiert exakt 1 Mal, das Foto MUSS sitzen. Da ich Herausforderungen liebe, habe ich letztendlich aber zugestimmt und begonnen, mich entsprechend vorzubereiten: Da ich zunächst einmal allgemeine Infos über die Hochzeitsfotografie haben wollte, besorgte ich mir die Tutorial-DVD “How To Become A Professional Commercial Wedding Photographer” von Fstoppers, die es zu dem Zeitpunkt auch gerade im Angebot gab.
Beim Schauen der einzelnen Kapitel wurde mir schnell klar, dass ich mich mit einem Thema auseinandersetzen musste, das ich bis dahin nie gebraucht, nie gelernt und von daher sträflich vernachlässigt hatte: Die Blitzfotografie!Nach ein wenig Recherche entschied ich mich hierfür folgendes Buch zu kaufen: “Entfesseltes Blitzen - Techniken für kreative Blitzfotos” von Tilo Gockel.
Nach dem intensiven Studium meiner beiden Informationsquellen ging es dann um die praktische Umsetzung des Gelernten, was nicht immer problemlos gelang. Hierbei unterstützten mich aber sowohl meine beiden kleinen Kinder, als auch meine Frau Claudia, die für mich geduldig als Probemodels zur Verfügung standen. Vielen Dank dafür!
Ein paar Wochen vor dem Termin habe ich mich nochmals kurz mit dem Brautpaar getroffen, um den endgültigen zeitlichen Ablauf durchzugehen, Wünsche und Anregungen zu notieren und ein wenig Informationen über die Kirche und den Festsaal zu bekommen.
2. Du musst schnell sein!
Während ich in der Landschafts- und Architekturfotografie meist viel Zeit habe um die verschiedenen Belichtungsparameter optimal aufeinander abzustimmen, war bei der Trauung schnelles Handeln gefragt.
Wechselnde Lichtbedingungen und spontane Augenblicke, die ich festhalten wollte, erforderten eine ständige Justage der Blende, der Verschlusszeit und der ISO-Zahl. Sicherlich hätte ich mir durch die Wahl einer Belichtungsautomatik ein wenig Stress ersparen können, wegen der zum Teil schlechten Lichtbedingungen wollte ich darauf aber nicht vertrauen und wählte den manuellen Modus.
Im Verlaufe des Tages passierte es mir hin und wieder, dass ich vergaß, die Parameter an neue Situationen anzupassen und nicht oft genug die gemachten Bilder kontrollierte. Als es nach der Zeremonie aus der recht dunklen Kirche hinaus ins Freie bei strahlendem Sonnenschein ging, fotografierte ich zunächst bei ISO 2500 munter weiter. Erst nach 10-15 Bildern fiel mir auf, dass die Fotos dadurch natürlich deutlich überbelichtet waren.
3. Habe keine Angst vor hohen ISO-Einstellungen!
Normalerweise meide ich aufgrund des Qualitätsverlustes hohe ISO-Werte wie der Teufel das Weihwasser. Da ich ansonsten fast ausschließlich mit Stativ fotografiere und die Belichtung über die Verschlusszeit regeln kann, hatte ich mich bisher kaum mit der HighISO- Performance meiner Kamera (Nikon D750) auseinandergesetzt.
Während der Hochzeit wollte ich aber möglichst flexibel bleiben und verzichtete daher auf ein Stativ. Um die schöne Lichtstimmung durch den Einsatz des Blitzes nicht zu zerstören, blieb mir nur an der ISO-Stellschraube zu drehen: Bei ISO 3200 ist die Bildqualität natürlich nicht mehr optimal, aber solange man keine großformatigen Ausdrucke plant, wird das wahrscheinlich niemandem auffallen. Und selbst wenn:
Lieber ein leicht verrauschtes Bild, als ein unscharfes, oder?
4. Details, Details, Details!
Die meisten Brautpaare machen sich im Vorfeld lange Gedanken über die Dekoration und all die anderen Kleinigkeiten, die ihre Hochzeit besonders machen sollen. Sie geben, sofern sie es nicht selbst in die Hand nehmen, auch oft eine nicht unerhebliche Summe für diesen Posten aus. Mir war es daher wichtig, auch diese kleinen Details angemessen in Szene zu setzen und eine bleibende Erinnerung daran zu schaffen.
5. Lerne etwas über das Posing!
Normalerweise habe ich bei meinen Aufnahmen keine Menschen im Bild, was an gut besuchten Sehenswürdigkeiten mit herkömmlichen Mitteln manchmal ein Ding der Unmöglichkeit zu sein scheint. Wenn fotografische Mittel (Langzeitbelichtung) und ungebührliches Benehmen nicht ausreichen um Touristen verschwinden zu lassen, nehme ich auch gerne mehrere Stunden an Bildretusche in Kauf, um ein menschenleeres Bild zu erhalten.
Da mich die Portraitfotografie bislang nicht besonders gereizt hat, habe ich mich auch nur sehr bedingt mit der hohen Kunst des Posings auseinandergesetzt. Versierte Fotomodelle hätten diesen Missstand eventuell durch eigene Erfahrungen kompensieren können, doch mit entsprechenden Kompetenzen konnten weder das Brautpaar, noch die Gäste aufwarten. So führte meine laienhafte Anleitung, sich doch bitte nach eigenem Gusto zu positionieren, für Erheiterung, aber nicht zu guten Bildern:
Die Braut war darüber hinaus verständlicherweise besorgt, dass ihr teures Hochzeitskleid bei gewissen angedachten Aufnahmen Schaden nehmen könnte, so dass ich meinen ohnehin geringen Fundus an eigenen Ideen überhaupt nicht umsetzen konnte. Ein paar brauchbare Bilder sind bei dem Shooting zwar herumgekommen, dennoch ärgere ich mich im Nachhinein über meine in diesem Punkte mangelhafte Vorbereitung. Viele Menschen empfinden es als unangenehm fotografiert zu werden, auch weil sie eben nicht wissen, wie sie sich vorteilhaft positionieren können, wo sie mit ihren Händen bleiben sollen, etc.. Ein klares Konzept, verständliche Tipps und Anweisungen hätten nicht nur diese Unsicherheiten abbauen können, sondern mit Sicherheit auch zu besseren Fotos geführt.
6. Mache aus der Not eine Tugend!
Aufgrund der Schwierigkeiten bei den arrangierten Fotos habe ich mich im weiteren Verlauf der Hochzeit darauf konzentriert, die kleinen zwischenmenschlichen Momente einzufangen. Um dabei möglichst im Hintergrund bleiben zu können, kam mein normalerweise recht unterbeschäftigtes Teleobjektiv zum Einsatz. Dadurch haben die Leute oft gar nicht mitbekommen, dass sie gerade fotografiert werden, was meiner Meinung nach zu einigen sehr intimen und schönen Fotos geführt hat. Im Nachhinein waren das auch die Bilder, die beim Brautpaar am besten ankamen und sicherlich ihren Platz im Familienalbum finden werden.
7. Investiere nicht zu viel Geld in die Ausrüstung!
Für die Hochzeit habe ich mir einiges an Zubehör gekauft, welches im Endeffekt gar nicht zum Einsatz kam: Die große Softbox habe ich nicht benutzt, ein kleiner Minidiffusor für den Aufsteckblitz erwies sich als zu fummelig, und mit dem vorsichtshalber stark erweitertem Arsenal an Akkus und Batterien hätte ich vermutlich noch zwei weitere Trauungen fotografieren können.
Die Entscheidung, mir nicht teures Originalzubehör zuzulegen, sondern auf deutlich preiswertere Fremdhersteller auszuweichen, erwies sich allerdings als goldrichtig. Die Yongnuo-Blitze samt dazugehörigem Fernauslöser verrichteten ihre Aufgabe unkompliziert und zuverlässig, und kosteten mich nur einen Bruchteil dessen, was ich für die Nikon-Pendants bezahlt hätte.
Bereits im letzten Jahr habe ich mir ein Teleobjektiv von Tamron (ebenfalls ein preiswerter Fremdhersteller) zugelegt, welches bislang aber sehr selten zum Einsatz kam. Trotz des vergleichsweise günstigen Preises bin ich von dieser Linse hellauf begeistert. Die damit gemachten Bilder haben einen einzigartigen Look, den ich nur schwer in Worte fassen kann. Neulich habe ich ein Bild mit einer ähnlichen Charakteristik auf flickr gesehen und war mir sicher, dass dieses Bild mit dem besagten Tamron-Tele gemacht wurde, was mir der Fotograf auf Nachfrage auch bestätigte.
Fazit: Man muss nicht alles haben und darf gegebenenfalls auch ruhigen Gewissens auf preiswertere Fremdhersteller ausweichen.
8. Unterschätze nicht den Nachbearbeitungsaufwand!
Ich habe die Hochzeit von 08:30 Uhr morgens bis abends 23:30 Uhr fotografisch begleitet. In den 15 Stunden sind knapp über 1000 Fotos im RAW-Format entstanden, die im Anschluss gesichtet, aussortiert und bearbeitet werden mussten. Während ich sonst gerne stundenlang ein einzelnes Bild editiere, war mir hier aufgrund der schieren Menge an Fotos klar, dass sich die Bearbeitung nur auf die grundsätzliche RAW-Entwicklung beschränken konnte. Nach dem Sichtungs- und Aussortierungsprozess blieben 365 Bilder übrig, in die ich weitere 20 Arbeitsstunden steckte, um sie in optimaler Qualität dem Brautpaar liefern zu können. Durchschnittlich habe ich also für jedes Bild 3,5 Minuten aufgewendet, um Helligkeit, Kontrast, Farben und Schärfe nach meinem Geschmack anzupassen und dort, wo es nötig war, den Beschnitt zu ändern. Immer wieder verfiel ich aber in meinen gewohnten Workflow, korrigierte bei meinen persönlichen Favoriten störende Kleinigkeiten, probierte verschiedene Bildlooks aus um mich dann dem nächsten Bild zuzuwenden. Bedingt durch den Umstand, dass ich beruflich und familiär momentan sehr eingespannt bin und die Aufnahmen in einem Rutsch liefern wollte, erhielt das Brautpaar die fertigen Bilder erst 14 Tage nach der Trauung.
9. Verhandele im Vorfeld eine faire Bezahlung!
Ich habe mit dem Bräutigam im Vorfeld leider keine genaue Absprache getroffen, wie die Entlohnung für meine Dienste aussehen soll. Da ich mir aufgrund meiner nicht vorhandenen Vorerfahrung unsicher war, ob ich der Aufgabe gewachsen bin, habe ich ihm folgendes Angebot gemacht: Nach der Bereitstellung und Prüfung der fertigen Fotos solle er gemeinsam mit seiner Frau überlegen, welchen Betrag sie für angemessen hielten, diese Summe X würde ich dann akzeptieren.
Im Endeffekt habe ich positive Rückmeldungen für die Fotos erhalten, einen Urlaubstag und 35 Arbeitsstunden investiert und dafür 100 Euro Aufwandsentschädigung erhalten, was einem Stundensatz von ca. 2,85 Euro entspricht. Jeder mag selber entscheiden, ob das fair ist, entsprechend der Vereinbarung zwischen mir und meinem Kollegen habe ich die Summe aber selbstverständlich akzeptiert.
Würde ich im Nachhinein wieder so vorgehen? Mit Sicherheit nicht!
10. Überlege Dir, ob Du die Bilder posten möchtest!
Für mich könnten im Nachhinein 2 Gründe gegen eine Veröffentlichung der gemachten Bilder in sozialen Netzwerken sprechen: Zum einem besteht nach Inkrafttreten der DSGVO ein gewisses Maß an Unsicherheit bezüglich der Rechtslage, zum anderen solltest Du Dir gut überlegen, ob die Hochzeitsfotos in Dein sonstiges Portfolio passen.
Ich bin auf verschiedenen Fotoplattformen aktiv und habe mir im Laufe der letzten Jahre eine solide Basis an Followern aufbauen können. (500px: 500 Follower, Flickr: 1000 Follower, Viewbug: 12.000 Follower) Diese Menschen verfolgen meine Arbeit, weil sie meine Landschafts- und Architekturaufnahmen mögen, die ich fast ausschließlich in den späten Abendstunden oder in der Nacht mache. Es war sehr interessant zu beobachten, wie wenig Anklang die für mich unüblichen Bilder der Hochzeit bei meiner ”Zielgruppe“ fanden, und eine nicht unbeträchtliche Anzahl meiner Follower so irritiert waren, dass ich sie verloren habe. Ich persönlich finde das nicht tragisch, da ich nicht so besonders auf meine Followerzahlen schiele, insbesondere Flickr als eine Art Fototagebuch nutze und von daher zumindest ein paar Fotos (nach Einholung der Erlaubnis der abgebildeten Personen) dort posten wollte.
Wenn Dir eine stetig wachsende Followerzahl wichtig ist, Hochzeitsbilder nicht zu Deine sonstigen Arbeiten passen, oder Du Dir unsicher wegen der neuen DSGVO bist, würde ich eventuell Abstand davon nehmen, die gemachten Bilder zu veröffentlichen.
Die im Artikel genannten Produkte (Buch, Tutorial, Objektiv, Aufsteckblitz) habe ich von meinem persönlichen Geld gekauft, ich stehe in keinerlei Zusammenhang mit den erwähnten Firmen. Aufgrund der vereinzelten Abmahnungen in ähnlichen Zusammenhängen möchte ich diesen Artikel als unbezahlte Werbung markieren.