Im Spätsommer 2019 verbrachte ich eine Woche in Griechenland, um die Klöster in der Meteora-Gegend und das historische Bergdorf Palaios Panteleimonas zu fotografieren. Im Folgenden findest du meinen detaillierten Reisebericht mit vielen Bildern, erfährst wie ich meine Aufnahmen geplant und umgesetzt habe, und welche Schwierigkeiten ich zwischendurch meistern musste.
Sonntag, 08.09.2019 - Die Anreise
“Alles richtig gemacht!” - denke ich beim Bezahlen der 1,20 Euro an der Mautstation. Vor 2 Stunden bin ich in Thessaloniki gelandet, habe meinen Mietwagen abgeholt und nach Eingabe der Unterkunftsadresse in das Navi etwas ungläubig auf die vorraussichtliche Fahrtzeit gestarrt. Statt der erwarteten 1,5 Stunden werden mir hier 4 Stunden angezeigt, und selbst über die gebührenpflichtige Autobahn soll ich angeblich fast 3 Stunden bis zu meiner Unterkunft in Kalambaka unterwegs sein. Da ist mir bei der Planung wohl irgendetwas schiefgelaufen …
Überhaupt: Selten habe ich mich so schlecht vorbereitet gefühlt. Eigentlich wollte ich gemeinsam mit meinem Freund Maurice auf die Fototour 2019 gehen, durch seine Absage 2 Monate zuvor war ich plötzlich völlig frei in der Zielauswahl - und tat mich damit unendlich schwer.
Schottland, Irland, die Dolomiten, oder doch lieber Dubai? Wochenlang recherchierte ich online, verglich sowohl Preise, als auch Locations, und dennoch wollte sich einfach kein klarer Favorit herauskristallisieren. Mein vielreisender Flickr-Freund Tan Yilmaz brachte auf Nachfrage Griechenland ins Spiel, und als ich sah, dass Carsten Bachmeyer Fototouren an den spektakulär gelegenen Meteora-Klöstern anbietet, reifte allmählich ein Plan …
Carsten versorgte mich mit ein paar wertvollen Location- und Restaurant-Tipps zu Meteora, und Tan fand, dass eine ganze Woche an den Klöstern vielleicht etwas zu lang sei. Er empfahl mir mit den Worten “Lovely place!” auch den Ort Palaios Panteleimonas zu besuchen. Ich vertraute ihm blind, für ausgiebige Recherchen war ohnehin keine Zeit mehr.
Also buchte ich eine Woche vor Reisebeginn Flug, Mietwagen und die Unterkünfte für beide Orte. Besonders gespannt war ich dabei auf das Guesthouse Arsenis in Kalambaka: Laut der Rezensionen auf booking.com soll der Besitzer Gästen gegenüber manchmal unangemessen aufdringlich sein, gleichzeitig aber das Talent besitzen, diese nationenübergreifend zusammenzubringen. Ich freute mich auf hoffentlich interessante Gespräche mit Fremden, da mir auf meinen bisherigen Solotouren diese Komponente ein wenig zu kurz gekommen war.
Schnell merke ich, dass mit den 1,20 Euro natürlich nicht die komplette Mautgebühr abgegolten ist, alle paar Kilometer werde ich erneut zur Kasse gebeten. Gegen 23:00 Uhr komme ich nach gut 3 Stunden Fahrtzeit endlich am Guesthouse an und werde von dem mäßig englisch sprechenden Chef Kostas, der tatsächlich einen leicht skurrilen und fahrigen Eindruck macht, aufs Zimmer geführt. Bis er mich in die Nacht verabschiedet, hat er mir gestenreich das optional angebotene Frühstück aufgeschwatzt und mindestens 10 Mal “Germans are the best, welcome!” verlauten lassen.
Nach kurzer Überlegung beschließe ich morgen auszuschlafen, das Frühstück einzunehmen und den ersten Sonnenaufgang der Fototour ungenutzt zu lassen. Wohin sollte ich auch schon fahren? Noch kenne ich mich hier ja überhaupt nicht aus und finde partout keinen Gefallen an der Vorstellung, mich in der Dunkelheit der Morgendämmerung aufs Geratewohl zu positionieren. Nach dem Frühstück werde ich zunächst einmal die Gegend in Ruhe erkunden.
Im Zimmer ist es stickig und warm, doch die Klimaanlage verspricht diesem Umstand ein schnelles Ende zu bereiten. Ich stelle sie engagiert auf die höchste Stufe und schlafe kurz darauf ein …
Montag, 09.09.2019 - Scouting & Glück im Unglück
Über Nacht hat die Klimaanlage mein Zimmer in eine Tiefkühltruhe verwandelt. Als ich um 6:00 Uhr bibbernd und mit leichten Halsschmerzen aufwache ahne ich schon, dass ich in den nächsten Tagen wohl leicht angeschlagen die Klöster erkunden werde. Beim Verzehr des knochentrockenen, doppeldaumendicken Brotes am bereits fertig eingedeckten Frühstückstisch erkunde ich per Google Maps die Gegend. Da das Areal nicht allzu groß ist, fahre ich einfach die Straßen entlang, um mir an den zahlreich vorhandenen Haltebuchten ein Bild von möglichen Kompositionen zu machen:
Nachdem ich mir einen ersten Überblick von der Gegend verschafft, und grobe Foto-Pläne für den Abend und den nächsten Morgen gemacht habe, begebe ich mich auf die Suche nach einer Szene, die mir irgendwann auf einem Foto bei der viel zu kurz gekommenen Online-Recherche am heimischen Rechner aufgefallen ist: Ein von Sandsteinfelsen flankierter Blick auf die Ortschaft Kastraki, über der eine imposante Felsnadel thront. Ich kann gar nicht den genauen Grund für meine Begeisterung benennen, doch mir war sofort klar, dass ich unbedingt ein eigenes Foto davon haben wollte.
Die erwähnte Felsnadel ist schon von weitem zu erkennen, doch ich verbringe noch ca. 2 Stunden mit der Suche nach dem optimalen Standpunkt, der vor allem zwei Kriterien erfüllen muss: Er soll einen unverdeckten Blick auf die Stadt bieten und möglichst weit entfernt sein. Sehr zu meiner Freude zeigt mir die Photopills-App nämlich, dass der Vollmond in den frühen Abendstunden exakt über der Felsnadel stehen wird. Damit der Mond auf dem Endresultat so groß wie möglich wirkt, muss ich mich möglichst weit von der Stadt entfernen und zum Ausgleich mit einer langen Brennweite arbeiten. Ich finde insgesamt zwei mögliche Aufnahmestandpunkte, die ich anhand von einigen Testaufnahmen sorgfältig gegeneinander abwäge.
Im Anschluss fahre ich zum Guesthouse zurück, wo Kostas schon auf mich wartet und mir überaus engagiert das abends stattfindende Barbecue schmackhaft machen will. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn richtig verstehe, aber anscheinend wird seine schon recht betagte Mutter persönlich am Grill stehen und mir das nach altem Familienrezept zubereitete Fleisch (inkl. Geheim-Marinade) kredenzen. Wenn man ihm Glauben schenken darf, erwartet mich das beste Grillerlebnis in ganz Griechenland …
Ich glaube ihm nicht - und habe ja auch andere Pläne für den Abend. Nach einer kurzen Ruhepause und einer Dusche mache ich mich auf den Weg, um die Szene mit der hinter dem Kloster Varlaam verschwindenden Sonne zu fotografieren.
Dort angekommen baue ich die Kamera auf und experimentiere noch etwas mit der Komposition, doch noch bevor ich den Auslöser zum ersten Mal betätige, passiert es: Meine D750 löst sich ohne mein Zutun vom Stativ, knallt auf den Boden und kullert mit zunehmender Geschwindigkeit den Abhang vor der Schlucht hinab. Nach einer Schrecksekunde mutiere ich zu Usain Bolt, hechte dem Flüchtling hinterher und muss ungläubig mit ansehen, wie die Kamera in eine kleine Spalte rollt und sich von dort auf den Weg in den vor mir liegenden Abgrund macht. Mein folgender, durchaus sportlicher Hechtsprung lässt mich fast selbst der Schlucht anheim fallen - während die Kamera kurz vor dem endgültigen Absturz ihre Suizidabsichten nochmal überdenkt - und das Rollen einstellt. Noch etwas wackelig auf den Beinen begutachte ich die Schäden: Die Sonnenblende meines Nikkors ist gebrochen, und die Batterieabdeckung hat sich gelöst, doch nach einem kurzen Test steht fest, dass alles noch wie gehabt funktioniert - Gott sei Dank! Die Sonne verschwindet schon recht früh hinter dem Kloster und das resultierende Bild mit diesigem Himmel gefällt mir überhaupt nicht. Nach dem kleinen Schock mit der Kamera möchte ich auch erstmal von dieser Schlucht weg, aber gegen 02:00 Uhr nachts bietet sich hier ja nochmal eine Fotomöglichkeit - mit dem Mond über Kloster Varlaam.
Am Morgen hatte ich recht viel Zeit in das Finden eines Standpunktes mit einem herrlichen Blick in das Tal investiert, der auf beiden Seiten von den imposanten Sandsteinfelsen begrenzt wird. Durch den Einsatz des Ultra-Weitwinkels werde ich auf dem geplanten Foto gleich 3 Klöster in der tollen Landschaft abbilden können. Die App “The Photographer’s Ephemeris” zeigt mir an, dass die untergehende Sonne mit im Bild sein wird, so dass ich eine klassische Gegenlichtsituation erwarte. Technisch finde ich solche Aufnahmen aufgrund des enormen Kontrastes und der Gefahr der Flare-Bildung recht herausfordernd. Diesen Schwierigkeiten werde ich mit einer Belichtungsreihe und dem “Finger-Trick” begegnen, doch gegen die noch vorherrschende Diesigkeit bin ich machtlos. In der Hoffnung, dass sich lichttechnisch doch noch etwas tut mache ich mich auf den Weg - und habe richtig Glück.
Kaum angekommen bricht die Sonne für einen kurzen Moment durch, und das vor mir liegende Tal wird mit Licht geflutet, welches durch den leichten Dunst einen weichen Charakter bekommt:
Ein paar Minuten nach dieser Aufnahme ist der Lichtzauber auch schon wieder vorbei - und sowohl die Erkältung als auch mein Hunger fordern ihren Tribut. Inzwischen ist es 19:30 Uhr, so dass ich kurz mit dem Gedanken spiele eine kleine Ruhepause einzulegen und ein von Carsten empfohlenes Restaurant zu besuchen. Letztendlich siegt aber die Neugierde auf Kloster Varlaam, an dem ich vor einer guten Stunde beinahe meiner Kamera und meines Lebens verlustig gegangen wäre - und doch nur ein äußerst mäßiges Bild zustande gebracht habe.
Dort angekommen achte ich penibel genau auf die bombenfeste Verankerung der Kamera mit dem Stativ, halte respektvollen Abstand zum Abgrund und warte auf das Einsetzen der blauen Stunde.
Als der Himmel eine schöne lila Färbung bekommt, und die Lichter der im Hintergrund liegenden Ortschaften Kalambaka und Diava erwachen, drücke ich den Auslöser.
Das dabei entstehende Bild “Varlaam Nightfall” ist auch alles andere als ein Meisterwerk, gefällt mir aber deutlich besser als die erste Version. Mal sehen, wie die gleiche Szenerie in der Nacht mit dem Mond wirkt …
Bis es um 02:00 Uhr soweit ist, habe ich aber noch eine Menge Zeit und statte der “Taverna Gardenia”, die mir Carsten Bachmeyer wärmstens empfohlen hat, einen Besuch ab. Seinen Tipp gebe ich hier gerne weiter: Ambiente, Service und Speisen vom Feinsten - und das zu moderaten Preisen. Sollte Kostas mich nicht doch noch zu Mamas Barbecue überreden können, werde ich hier bestimmt öfter zu Abend essen.
Einmal zur Ruhe gekommen, nehme ich die Erkältungssymptome viel deutlicher wahr. Zu den stärker werdenden Halsschmerzen, dem Husten und der Schnieferei gesellen sich jetzt auch noch Kopfschmerzen. Es ist jetzt 23:00 Uhr und somit muss ich noch 3 Stunden warten, bis der Mond passend über dem Kloster Varlaam steht. Nach einem kurzen Telefonat mit meiner Frau entschließe ich mich mal ausnahmsweise vernünftig zu sein und nicht auf den Mond zu warten. Sagt man nicht, dass Schlaf die beste Medizin sei? Da ich auf der Rückfahrt zu meiner Unterkunft aber ohnehin fast am Kloster vorbeikomme, möchte ich zumindest einen kurzen Eindruck von der nächtlichen Atmosphäre dort bekommen.
Die Stimmung haut mich um: Ohne eine Menschenseele weit und breit stehe ich in der warmen Spätsommernacht vor dem spärlich beleuchteten Kloster, während der Mond die umliegende Landschaft ein ein sanftes Licht hüllt. Bis auf das gelegentliche Rauschen des Windes ist es absolut still. Obwohl ich mich inzwischen leicht fiebrig fühle und eigentlich nur noch ins Bett möchte, versuche ich die wunderbar friedliche Stimmung mithilfe des Bildes “Silent Nights” festzuhalten:
Ich kann mich beim besten Willen aber nicht aufraffen, noch weitere 2 Stunden auf die ideale Positionierung des Mondes zu warten, schließlich klingelt um 5:30 Uhr schon wieder der Wecker. Im Guesthouse angekommen bibbere ich mich in den Schlaf, obwohl die Klimaanlage nicht in Betrieb ist - Schüttelfrost.
Dienstag, 10.09.2019 - Ein Satz mit X
Gefühlte 5 Minuten nach dem Einschlafen schickt mich das Vibrieren meiner Smartwatch nahtlos aus der Arktis nach Afrika. Gerade eben habe ich noch richtig gefroren - jetzt liege ich förmlich im eigenen Salz und bin schweißgebadet. Ich fühle mich richtig krank und stelle mir selbst die vernichtende Diagnose “Männer-Grippe”. Da der Sonne Altruismus aber fremd ist, und sie ihr Aufgehen unabhängig von den Befindlichkeiten eines wehleidigen Männleins gestalten wird, springe ich kurz unter die Dusche und bin 20 Minuten später auf dem Weg zum “Kloster der heiligen Dreieinigkeit”, an dem ich ein Timeblend umsetzen möchte. Wenn ich früh genug vor Ort bin, kann ich in der Dämmerung noch die Lichter Kalambakas fotografieren und diese in eine Aufnahme bei Sonnenaufgang integrieren, bei der die Stadt zwar noch im Schatten des Tales liegt, das höher gelegene Kloster und die Bergspitzen im Hintergrund aber schon vom Sonnenlicht getroffen werden.
Soweit zur Planung und zur Theorie - doch die Praxis ist eine Sau. Beim Aufbau des Stativs merke ich, dass ich trotz aller Anstrengungen die Arretierung des Kugelkopfes nicht lösen kann, das Ding sitzt bombenfest. Eine dringend benötigte Rohrzange habe ich nicht dabei, und auch beim Reserverad im Mietwagen finde ich dergleichen nicht. Aufgrund der Nivellierschale meines Stativs kann ich die Kamera trotz des blockierten Kugelkopfs ausrichten - allerdings in nur sehr begrenztem Maße. Leider ist inzwischen ein Großteil der Stadtlichter erloschen, und auch der Sonnenaufgang macht wenig her. Nur mühsam quält sich das Sonnenlicht durch den Dunst, es ist einfach ein recht fader Start in den Tag.
Sich früh morgens mit Fieber aus dem Bett zu quälen, ohne Frühstück intus mit störrischem Equipment zu kämpfen und auf einen Sonnenaufgang zu warten, der auf ganzer Linie enttäuscht: Das ist sehr oft die bittere Realität dieses Hobbys. Verfolgt man die Arbeiten erfolgreicher Landschaftsfotografen könnte man annehmen, dass sie ein fantastisches Bild nach dem anderen aufnehmen und immer traumhafte Bedingungen vorfinden. Von den vielen erfolglosen Versuchen, dem Schlafmangel und all den anderen Widrigkeiten hingegen sieht und hört man nichts, obwohl das eher die Regel als die Ausnahme ist.
Noch habe ich meine Niederlage nicht akzeptiert: Irgendetwas brauchbares muss doch aus diesem Morgen herauszuholen sein! Ich fahre ein paar der mir inzwischen recht vertrauten Spots in der Hoffnung auf eine schöne Stimmung an, doch es entsteht nur ein einziges Bild, das mir in diesem Rahmen zeigenswert erscheint. Zumindest für einen Augenblick bricht die Sonne durch den Dunst, so dass direktes Licht auf die Klöster trifft:
Müde und enttäuscht fahre ich zur Unterkunft zurück und frühstücke dort. Erneut fällt mir auf, wie unglaublich trocken das Brot ist - wie machen die das nur? Im Anschluss lege ich mich aus Erholungsgründen noch ein wenig schlafen, ohnehin taugt das Licht jetzt aufgrund des schon hohen Sonnenstandes nicht mehr wirklich für schöne Fotos.
Nach ein paar Stunden Matratzen-Horchdienst teste ich an dem Aufnahmestandpunkt von “A Meteora View” eine leicht engere Komposition dieser Szene, doch das Licht entwickelt sich nicht annähernd so gut wie am gestrigen Tag. Auch die Aufnahme mit der Felsnadel bei Kastraki scheitert: Die Bewölkung ist so dicht, dass der Mond nicht einmal ansatzweise sichtbar ist. Irgendwie will mir heute überhaupt nichts gelingen …
Nach einem ausgiebigen Abendessen in der “Taverna Gardenia” frage ich nach meiner Rückfahrt zur Unterkunft Kostas nach einer Rohrzange, um mein Problem mit dem klemmenden Kugelkopf zu lösen. Angeblich besitzt er dieses exotische Werkzeug nicht - macht mich aber mit seinem Freund bekannt, den er als lebende Rohrzange bezeichnet. Dieser schnappt sich siegessicher mein Stativ und zeigt in den kommenden 5 Minuten eine ganz erstaunliche Motivation, schließlich hat er einen Titel zu verlieren. Nutzt aber nichts: Gegen diese Kugelkopfblockade ist er machtlos, mit zitternden Fingern zieht sich die lebende Rohrzange gedemütigt zurück um seine Wunden zu lecken.
Kostas dagegen dreht jetzt richtig auf: Ebenso wortreich wie unverständlich redet er auf mich ein - ich verstehe kaum, worauf er hinaus will. Irgendwann begreife ich, dass er mich wohl mit einem weiblichen Gast bekannt machen will. Ich tue ihm den Gefallen und setze mich zu Brigitte, die in den Niederlanden geboren und aufgewachsen ist, aber schon seit vielen Jahren in Griechenland lebt. Im Laufe des Abends entwickelt sich bei dem einen oder anderen Bier ein sehr interessantes Gespräch mit ihr, in dem sie viel über ihr Leben seit der Griechenland-Krise 2010 spricht. Sie verlor damals ihre Arbeit und schlug sich seitdem eher schlecht als recht mit allerhand verschiedenen Jobs durch. Der Aufenthalt in Meteora ist ihr erster Urlaub seit 7 Jahren, doch selbst hier unterrichtet sie 2-3 Mal pro Tag via Skype Englisch, um ein wenig Geld zu verdienen.
Irgendwann verabschiede ich mich höflich von ihr, da mir sowohl das Fieber zusetzt, als auch das Bier Wirkung zeigt. Auf dem Weg zum Zimmer komme ich durch den Speisesaal, wo das Frühstück für den folgenden Morgen schon fix & fertig bereitsteht. Kein Wunder, dass das schon geschnitten auf dem Teller liegende Brot morgens so trocken ist … Leicht angeduddelt falle ich ins Bett und resümiere den heutigen Tag: Fotografisch war dieser eine Nullnummer, dafür habe ich aber einen netten Abend mit Brigitte verbracht. Der klemmende Kugelkopf hat ebenso genervt wie das ständige Geschniefe und Gehuste - hoffentlich sinkt das Fieber über Nacht. Um diesen frommen Wunsch auf eine solide Basis zu stellen, bleibt sowohl die Hochleistungsklimaanlage für die Nacht, als auch der Wecker für den nächsten Morgen aus.
Mittwoch, 11.09.2019 - Ruhe & Hektik
Als ich gegen 09.00 Uhr an Kostas vorbei nach draußen huschen will, wundert er sich, warum ich den “best sunrise ever” heute morgen nicht fotografiert habe. Super Neuigkeiten - nicht. Wer hätte auch ahnen können, dass ausgerechnet an meinem Erholungsmorgen das Licht zur Höchstform aufläuft? Schon fast beleidigt über die Verschmähung des trockenen Frühstücks ringt mir der Kauz das Versprechen ab, heute Abend an Mama Kostas Barbecue teilzunehmen, welches das Beste in ganz Griechenland ist, mindestens!
Obwohl die Sonne inzwischen schon viel zu hoch steht, möchte ich mir vor Ort ein Bild über die Lichtsituation machen. Ich klappere mit dem Auto verschiedene Spots ab, finde ein paar hübsche Kompositionen, aber im Endeffekt bewahrheitet sich die alte Binsenweisheit: Ohne gutes Licht gibt es keine guten Fotos.
Etwas ratlos denke ich über die Optionen zur heutigen Tagesgestaltung nach:
Planung: Der heutige Plan für den letzten Abend hier in Meteora steht bereits - ich möchte unbedingt das Bild mit der Felsnadel und dem Mond hinbekommen. Ich hoffe, dass die Bewölkung mitspielt und der Mond sichtbar sein wird.
Scouting: Inzwischen kenne ich die verschiedenen Spots ganz gut, allenfalls für das Kloster “Agios Nikolaos Anapafsas” könnte ich noch nach einem geeigneten Aufnahmestandpunkt suchen. Wenn ich dort ein Bild bei Sonnenuntergang mache, bleibt mir hoffentlich noch genügend Zeit, um rechtzeitig bei der Felsnadel-Location zu sein.
Frühstücken: Ich habe weder Lust auf Kostas Trockenbrot, noch genug Appetit um irgendwo anders einzukehren. Ein Kaffee wäre allerdings nicht schlecht …
Während meiner Überlegungen füllt sich der Aussichtspunkt langsam aber stetig mit Touristen, die mit ihren Handys wild herumknipsen und sich vor der beeindruckenden Kulisse in Szene setzen. Ich schaue dem Treiben amüsiert zu, komme aber erst nach einiger Zeit auf die Idee, die teils schon fast skurrilen Momente fotografisch festzuhalten. Ich könnte ja eine kleine Serie mit dem Titel “Photographing the photographing” erstellen. Gedacht, getan: Ich schraube mein Teleobjektiv an die Kamera und versuche beim Fotografieren möglichst unbemerkt zu bleiben …
Serie “Photographing the photographing” | 2019
Irgendwann wird es mir zu langweilig fotografierende Touristen zu knipsen, und ich mache mich nochmals auf den Weg zum Kloster Varlaam. Dieses Mal gehe ich die Straße bis ganz nach oben, um einen Eindruck von der gegenüberliegenden Seite zu bekommen. Nachdem ich eine Komposition gefunden habe, setze ich mich neben das Stativ auf einen Felsen und warte darauf, dass irgendetwas spannendes mit dem Licht passiert, denn ab und zu brechen ein paar Lichtstrahlen durch die Wolken und akzentuieren bestimmte Bereiche der hinter dem Kloster liegenden Landschaft. Ich hänge losen Gedanken nach und falle langsam in eine Art Trance. Ab und zu komme ich beim Fotografieren in diesen Zustand, und ich liebe es. Ungestört vor einer schönen Szene zu sitzen, die Eindrücke aufzunehmen, keinerlei Verpflichtungen zu haben, ganz im Hier und Jetzt zu sein: Herrlich!
Nur halb bewusst bekomme ich mit, wie plötzlich ein Mönch auf den Balkon tritt und schwungvoll einen Eimer Wasser in die Schlucht entleert. Zu schade, dass ich nicht schnell genug den Auslöser gedrückt habe, das hätte doch ein nettes kleines Detail in meiner Aufnahme werden können. Bei dem Stichwort “Detail” muss ich unwillkürlich an die Wimmelbücher meiner Tochter denken: Die Illustrationen darin strotzen nur so von witzigen Einzelszenen. Da findet man in einem Bild von einem Nachmittag im Freibad einen heimlich ins Wasser pinkelnden Jungen, einen Bratwurst stibitzenden Hund oder ein älteres Ehepaar, welches sich furchtbar über tobende Kinder aufregt.
Ich frage mich, ob so ein Wimmelbild auch fotografisch umzusetzen ist und fokussiere mich fortan eher auf die Aktivitäten am Kloster als auf die Landschaft. Immer, wenn mir irgendeine Mikroaktion auffällt, mache ich eine Aufnahme. Später werde ich versuchen, die Einzelaufnahmen am PC in einem Bild zusammenzufügen. Leider stellt sich heraus, dass insgesamt wenig passiert, obwohl ich fast 2 Stunden auf meinem Felsen ausharre.
Hier findest Du meinen Blogbeitrag, in dem ich die Entstehung des Bildes “Timeless” genauer beschreibe. Das hier vorliegende Ergebnis ist unspektakulär, aber die grundlegende Idee werde ich in der Zukunft bestimmt nochmal aufgreifen …
Im Anschluss mache ich mit dem Teleobjektiv noch ein paar Aufnahmen von den Sandsteinfelsen. Besonders faszinierend finde ich, dass sich selbst in luftiger Höhe und auf engstem Raum noch Pflanzen auf den Steinen ansiedeln können, obwohl es dort kaum Erde gibt, in der sie wurzeln könnten.
Inzwischen ist es 14:00 Uhr, und ich habe immer noch nichts gegessen oder getrunken. Ich beschließe, mir in Kastraki eine entsprechende Lokalität zur Befriedigung meiner Gelüste zu suchen, da ich auf dem Weg dorthin am Kloster “Agios Nikolaos Anapafsas” vorbeikomme, für das ich bislang noch keine ansprechende Komposition gefunden habe.
Ich stelle mein Auto an der Straße ab und erkunde die Gegend östlich des Klosters, um einen schönen Blick mit westlicher Aufnahmerichtung zu finden. Dabei entdecke ich eine kleine Schildkröte, die tapfer durch das verdorrte Gras stapft. Sofort erinnere ich mich an einen Vorfall auf Jamaika, bei der mein Freund Daniel von einem putzig aussehenden, aber äußerst aggressivem Panzerträger heftig in den Finger gebissen wurde.
Seit jenem Tag bin ich etwas vorsichtiger mit diesen Tierchen - wie man im Video erkennt:
Fast eine Stunde streife ich so durch die Gegend, finde dabei aber keinen Standpunkt, der mich vollends überzeugt. Trotz der langen Suche gefällt mir der Blick von der Straße - direkt neben meinem geparkten Auto - immer noch am besten. Allerdings gibt es, wenn man von dort aus fotografiert, zu viele Ablenkungen im Vordergrund, wie mir der Blick auf das mit dem Handy gemachte Scouting-Foto zeigt. Mittels der integrierten Bearbeitungsfunktionen beschneide ich das Bild im unteren Bereich deutlich, und lande so bei einem Pano-Format. Nicht ideal, aber der mir momentan bestmögliche Kompromiss.
Etwas später sitze ich in einer Bar und ordere im Viertelstundentakt Getränke, bis ich mich irgendwann nicht mehr ganz so vertrocknet fühle. Mit dem Essen halte ich mich noch zurück, schließlich wartet um 18:00 Uhr Mama Kostas auf mich, um mich mit nach altem Familienrezept zubereiteten griechischen Grillspezialitäten zu verwöhnen.
Zurück in der Unterkunft dusche ich kurz und ziehe mir frische Klamotten an, man will ja schließlich nicht wie ein räudiger Hund zum Barbecue erscheinen. Bis auf den großen Hunger geht es mir richtig gut, meine Männergrippe ist anscheinend auf dem Rückzug. Zeit für etwas Sodonekrophilie - oder wie heißt die Lust auf tote Tiere nochmal ..?
Meine Vorfreude schlägt innerhalb von wenigen Minuten um. Statt seiner Mutter steht Kostas selbst am Grill, statt griechischer Grillspezialitäten gibt es einfach nur Wurst. Dazu ein “gemischter” Salat, wenn man das Vermengen von Tomatenstücken mit Kopfsalat so bezeichnen will. Macht 15 Euro - Getränke exklusive. Wenigstens scheint es eine Würstchenflatrate zu geben, und so bemühe ich mich redlich, Kostas die Haare vom Kopf zu fressen. Wenn er mich schon so abzockt, soll er zumindest teuer dafür bezahlen …
10 Würstchen später lasse ich den am Grill schwitzenden Kostas zurück und fahre zu der gefundenen Stelle für die Aufnahme des Klosters “Agios Nikolaos Anapafsas”. Leider ist es wieder ziemlich bewölkt und diesig, der Lauf der untergehenden Sonne führt knapp über den links liegenden, großen Felsen. Ab und zu brechen ein paar Lichtstrahlen durch die Wolkendecke und zaubern ein paar durchaus interessante Akzente in die Landschaft, doch der Dynamikumfang der Szene ist in diesen Momenten wirklich brutal. Wenige Minuten nach dem Sonnenuntergang bekommt der Himmel aber eine schöne rötliche Färbung, und die harschen Kontrast werden sanfter. Wie gemalt liegen Kloster und Landschaft nun vor mir, doch die unerwartete Schönheit der Szene stellt mich vor ein Dilemma: Einerseits würde ich gerne noch länger bleiben, denn vielleicht gibt es ja später noch Licht hinter den Klosterfenstern, das ich in der Nachbearbeitung mittels der Timeblend-Technik in die gemachte Aufnahme integrieren könnte. Andererseits steht in 20 Minuten der Mond bei Kastraki über der Felsnadel, für den Weg dorthin werde ich ungefähr 10 Minuten brauchen …
Verzweifelt wäge ich die Wahrscheinlichkeit auf beleuchtete Fenster gegen die Chance auf eine Wolkenlücke für einen sichtbaren Mond gegeneinander ab, hektisch schaue ich abwechselnd aufs Kloster, in den Himmel und auf meine Uhr. Im letztmöglichen Augenblick entscheide ich mich für die Felsnadel und den Mond, schmeiße meine Ausrüstung auf den Beifahrersitz und heize wie ein Bekloppter durch Kastraki, um hoffentlich noch rechtzeitig vor Ort zu sein.
Gut, dass ich vorher so viel Sorgfalt auf das Scouting verwendet habe: Bei meiner Ankunft steht der Mond schon wie gewünscht über der Szene, innerhalb von 1 Minute ist der exakte Standpunkt wiedergefunden, die vorher ermittelte Brennweite eingestellt und das Stativ aufgebaut. Nach hektischer Feinjustage fokussiere ich manuell auf die Ortschaft, finde einen Mittelwert für die Belichtungszeit und erstelle eine 5er-Belichtungsreihe - geschafft!
Nur langsam fällt die Anspannung der letzten halben Stunde ab. Ich setze mich ins Gras, rauche eine Zigarette und kann allmählich die vor mir liegende Szenerie genießen: Flankiert von den hohen Sandsteinfelsen funkeln in dieser warmen Nacht die Lichter Kastrakis, während die imposante Felsnadel wie ein gigantischer Nachtwächter über der friedlich unter ihr liegenden Ortschaft thront. Hin und wieder verdecken vom leichten Wind getriebene Wolkenfetzen den hoch am Himmel stehenden Vollmond - wunderbar.
Da ich die Belichtungsreihe mit einer für meine Verhältnisse recht offenen Blende von f/5.6 fotografiert habe, mache ich noch ein paar zusätzliche Aufnahmen mit f/16 und f/22. So habe ich bei Bedarf die Möglichkeit ein paar hübsche Blendsterne zu integrieren und verschaffe mir noch zusätzlichen Spielraum für eventuell ausgebrannte Highlights.
Nachdem ich alle eventuell benötigten Belichtungen “im Kasten” habe, verstaue ich meine Ausrüstung und genieße noch ein paar Minuten die schöne Aussicht. Inzwischen ist es vollkommen dunkel, und es wird Zeit zur Unterkunft zurückzufahren.
Obwohl ich mit meiner hektisch getroffenen Entscheidung für die Kastraki-Szene im Reinen bin, fahre ich auf dem Rückweg zum Guesthouse doch nochmal am Kloster “Agios Nikolaos Anapafsas” vorbei. Mich interessiert, ob ich dort die Chance auf beleuchtete Fenster gehabt hätte.
Beim Vorbeifahren sehe ich, dass das Kloster stockdunkel ist - alles richtig gemacht!
Bei meiner Ankunft sitzt der Grill-Ganove Kostas mit einer 4er-Gruppe auf der Terasse und begrüßt mich überschwänglich: “Marcus, take a seat! Today is the best evening ever, very nice people here - four different nations!” Die Gruppe nickt mir freundlich zu, ich setze mich zu ihnen und ich stelle mich kurz vor. Neben der mir schon bekannten Brigitte sind an diesem Abend auch Konstantin und ein junges Pärchen in Kostas’ Laberfalle geraten. Während Konstantin den Abend zu genießen scheint, fühlt sich das junge deutsch-amerikanische Glück sichtlich unwohl und unternimmt höflich mehrere verzweifelte Rückzugsversuche. Kostas pariert souverän mit alkoholischem Nachschub - so leicht entkommen die beiden ihm nicht. Mit steigendem Alkoholpegel werden sie aber immer aufgeschlossener, und es entwickelt sich ein kurzweiliger und spaßiger Abend.
Als sich gegen 1:00 Uhr nachts sowohl Kostas, das junge Pärchen als auch Brigitte auf ihre Zimmer zurückziehen, bleibe ich noch ein wenig mit Konstantin draußen. Er ist Grieche und für insgesamt 3 Wochen mit seinem Motorrad auf Rundreise - ohne einen festen Plan. Wir verstehen uns ganz ausgezeichnet und können auch über tiefgründigere Themen sprechen - er ist einfach ein sehr sympathischer und offener Kerl.
Auch wenn das mein letzter Abend in Meteora ist - irgendwann wird es Zeit für ein wenig Schlaf. Ich verabschiede mich vorsorglich schon mal von Konstantin, der morgen schon sehr früh aufbrechen will, um seine Motoradtour fortzusetzen …
Donnerstag, 12.09.2020 - Auf zu neuen Ufern
Als ich leicht verkatert aufwache, ist es draußen schon ziemlich hell. Beim Betreten des Balkons sehe ich noch kurz den abreisenden Konstantin und stelle fest, dass das Licht trotz des fortgeschrittenen Morgens eine ganz gute Qualität aufweist. Da das Kloster Agía Triáda (Heilige Dreieinigkeit) recht nahe an der Unterkunft liegt und mir dort noch kein gutes Foto gelungen ist, stehe ich 15 Minuten und eine Katzenwäsche später vor Ort. Für meine ursprüngliche Timeblend-Idee ist es natürlich schon zu spät, aber auch zur morgendlichen goldenen Stunde hat die vor mir liegende Szene durchaus ihren Reiz.
Nachdem ich eine Weitwinkelaufnahme gemacht habe, schraube ich für eine deutlich engere Komposition das Teleobjektiv an meine Kamera, doch der noch immer klemmende Kugelkopf verhindert eine korrekte Ausrichtung. Ziemlich angenervt versuche ich unter Aufbietung aller mir verfügbaren Kräfte die Arretierung zu lösen und hole mir doch nur blutige Finger.
Erst jetzt bemerke ich die kleine Schraube am Feststellrad. Nach meinem bescheidenem technischen Verständnis sollte sie beim Lösen keinen positiven Einfluss auf mein Problem haben, dennoch versuche ich mit einem völlig überdimensionierten Schraubenzieher aus dem Werkzeugsäckchen des Mietwagens mein Glück - und habe Erfolg!
Ein kleiner Dreh, und mein Kugelkopf lässt sich wieder butterweich ausrichten, feststellen und lösen. Einerseits bin ich wirklich froh, denn durch die Blockade hatte ich mehr als einmal enorme Schwierigkeiten beim Komponieren meiner Aufnahmen, andererseits ärgere ich mich über mein technisches Unverständnis: Herzlichen Glückwunsch, Vollidiot!
Zurück am Guesthouse packe ich meine Sachen und “genieße” ein letztes Mal das legendär trockene Brot bei Kostas, bevor ich mich auf den 2-stündigen Weg nach Palaios Panteleimonas mache. Ich bin wirklich neugierig auf dieses historische Bergdorf, welches bei einem Erdbeben im 19. Jahrhundert zerstört, und erst vor einiger Zeit wieder weitgehend im Ursprung aufgebaut und neu besiedelt wurde.
Kurz vor meiner Ankunft regnet es ein wenig, was dem letzten Streckenabschnitt, der sich ca. 6 Kilometer in steilen Serpentinen bis zum Dorf hinaufzieht, etwas Würze verleiht. Offenbar ist mein leicht untermotorisierter Mietwagen auf Slicks unterwegs, denn ich komme an den steilen Abhängen und Kurven immer wieder ins Rutschen - aber letztendlich doch sicher ans Ziel.
Ich habe hier für 2 Nächte das Pliades Hotel gebucht, welches bei mir einen fantastischen Ersteindruck hinterlässt. Im Gegensatz zum eher einfach-rustikal gehaltenem Guesthouse Arsenis in Kalambaka (30 Euro/Nacht + 5 Euro für das optional angebotene Frühstück) wirkt meine hiesige Unterkunft richtig edel, ist wunderschön eingerichtet und kostet mich dabei auch nur 37 Euro/Nacht - inklusive reichhaltigem Frühstücksbuffet. Ich packe meine Sachen aus, mache mich schnell frisch und dann neugierig auf den kurzen Weg in das Dorfzentrum, um mich ein wenig umzusehen und zu orientieren.
Die Schönheit von Palaios Panteleimonas haut mich sofort um, vermutlich weil ich bis auf die Aussage meines Flickr-Freundes Tan Yilmaz (“Lovely place!”) bislang weder weitergehende Informationen eingeholt, noch Bilder der Ortschaft gesehen hatte. Sie wirkt auf mich ein wenig wie das romantische Klischee eines mittelalterlichen Dorfes, an jeder Ecke wimmelt es von liebevollen Details. Mehrere Male höre ich mich selbst laut “Wow!” sagen.
Galerie Palaios Panteleimonas - Ersteindrücke
Nach diesem ersten Überblick gönne ich mir an einem Platz mit wunderschönem Blick auf den Dorfplatz (siehe Galerie) ein großes Bier und schmiede fotografische Pläne für den Sonnenuntergang. Am vielversprechendsten scheint mir der Versuch, die vor dem Olymp liegende Ortschaft als Ganzes abzubilden. Da die Sonne in Blickrichtung untergehen wird, hoffe ich auf eine schöne Himmelsfärbung und kann vielleicht die später zum Leben erwachende Dorfbeleuchtung in die Aufnahme integrieren.
Zurück in der Unterkunft hole ich meinen Kamerarucksack und suche mir einen schönen Standpunkt, der praktischerweise nur ein paar Meter vom Hotel Pliades entfernt liegt. Der Sonnenuntergang entwickelt sich leider nicht wie erhofft, zu groß sind die Wolkenlücken und damit auch der daraus resultierende Kontrast. Die Implementierung der Dorflichter will mir in der Nachbearbeitung nicht gelingen, aber auf dem nebenbei mit meinem Handy erstellten Timelapse meine ich rechts über den sich im Hintergrund befindlichen Ausläufern des Olymp eine kleine Lenticularis Wolke zu erkennen, die ich bis dato nur von Fotos kannte.
Nachdem es komplett dunkel geworden ist, packe ich meine Sachen zusammen, bringe sie ins Zimmer und mache mich noch einmal auf den Weg ins Dorfzentrum, um mir in einem der toll gelegenen Restaurants ein paar griechische Spezialitäten schmecken zu lassen. Während ich auf meinen bisherigen Fototouren geregelte Mahlzeiten sträflich vernachlässigt, und meist 2-3 Kilogramm abgenommen habe, schiebe ich mich gegen Mitternacht mit amtlicher Festtagspocke durch die engen und nun menschenleeren, fast ausgestorben wirkenden Gassen des Dorfes Richtung Unterkunft. Morgen werde ich ein paar Impressionen dieser besonderen, nächtlichen Stimmung aufnehmen - so mein Plan.
Freitag, 13.09.2019 - Der Strand, die Burg, und der sehr große Mond
Vielleicht liegt es noch an der hinter mir liegenden Erkältung, vielleicht am üppigen Essen gestern Abend, oder einfach daran, dass ich langsam zu alt für den Scheiß werde - ich kann mich heute für den Sonnenaufgang einfach nicht aufraffen, stelle den Wecker aus und schlafe noch eine Runde. Um 09:30 Uhr stehe ich auf, dusche kurz und begebe mich zum im Übernachtungspreis enthaltenem Frühstücksbuffet. Das Angebot ist riesig und lecker, kein Vergleich zu Kostas’ nachtgetrocknetem “Brot”. Ich komme ein wenig mit dem mir sehr sympathischen Hotelangestellten Jon ins Gespräch, der mich optisch frappierend an einen Bekannten aus Deutschland erinnert. Wir plaudern ein wenig über unsere Heimatländer, über die Familie und unsere Zukunftspläne. Er interessiert sich auch sehr für meine Fotografie: Gemeinsam schauen wir in mein Portfolio und ich versorge ihn auf Nachfrage mit Einzelheiten zu den verschiedenen Aufnahmen.
Schlechte Nachrichten: Laut Wetterbericht soll es den ganzen Tag wolkenlos bleiben, von daher schließe ich einen farbenfrohen Sonnenuntergang für heute aus. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass ich eine klare Sicht auf den am frühen Abend aufgehenden Vollmond haben werde. Auf der Suche nach einem geeigneten Vordergrundmotiv macht mich Jon auf die Burg Platamonas, die ganz in der Nähe liegt, aufmerksam. Da sie auf einem kleinen Hügel errichtet wurde und somit ziemlich exponiert liegt, könnte sie tatsächlich eine schöne Ergänzung für mein Mondbild sein. Mithilfe der App Photopills checke ich, wann und wo genau der Mond aufgehen wird. Anhand dieser Informationen grenze ich einen Bereich ein, der sowohl einen unverdeckten Blick auf die Burg in Richtung des Mondaufgangs bietet, als auch mindestens 1 Kilometer von ihr entfernt liegt, denn je mehr Abstand ich zwischen mir und der Burg habe, desto größer wird der Mond im fertigen Bild erscheinen. Fälschlicherweise nehmen viele Fotografen an, dass man für diesen optischen Effekt ein Teleobjektiv bräuchte, was aber nur sehr bedingt stimmt. Der entscheidende Parameter ist vielmehr der Abstand zum Vordergrundmotiv.
Exkurs scheinbare Mondgröße:
Die scheinbare Größe eines Objektes halbiert sich bei doppelter Entfernung. Hat die Burg bei einem Abstand von 250 Metern noch die scheinbare Größe X, ist diese bei 500 Metern nur noch X/2, bei 1000 Metern dementsprechend X/4. Sie wirkt bei zunehmendem Abstand recht schnell viel kleiner. Auf die scheinbare Größe des Mondes, der ca. 384.000 Kilometer von der Erde entfernt ist, haben die zusätzlichen 750 Meter Betrachtungsabstand hingegen praktisch keinen Einfluss. Optisch schrumpft die Burg In Relation zum Erdtrabanten also dramatisch. Der Einsatz des Teleobjektivs sorgt nur dafür, dass ich die Szene formatfüllend abbilden kann. Vom gleichen Betrachtungsabstand mit einem Weitwinkel fotografiert, würde der Mond in Relation zur Burg genauso groß erscheinen, allerdings müsste ich für das gleiche Endergebnis sehr stark croppen - und entsprechende Qualitätseinbußen in Kauf nehmen.
Um die Aufnahme vernünftig und sorgfältig zu planen, muss ich mir aber vor Ort ein Bild der Situation machen. Ich beschließe auch die Burg selbst zu besichtigen, ein wenig Kultur kann ja nicht schaden. Beim Betrachten der Karte stolpere ich zudem über das Wort “Beach Bar”, doch es dauert erstaunlich lange, bis ich die Assoziationskette Strand-Sommer-Griechenland konsequent zu Ende führe. Der eigentlich recht naheliegende Schluss eines Strandbesuchs will für mich irgendwie gar nicht zu einer Fototour passen, und eine Badeshort habe ich natürlich auch nicht dabei. Der Gedanke ist trotzdem zu attraktiv - dann lege ich mich halt in Unterhose ans Meer.
Zunächst besichtige ich aber die Burg Platamonas, die auf einem seit der Bronzezeit nachweislich besiedeltem Hügel liegt. Die vorchristliche Stadt Herakleion wurde hier errichtet, um 430 v. Chr. von den Athenern erobert und im 3. Jahrhundert v. Chr. zerstört. Die Burg selbst wurde von den Byzantinern erbaut und im Zuge der Eroberung Konstantinopels durch fränkische Ritter bei der Gründung des Königreichs Thessaloniki endgültig ausgebaut.
Interessiert schaue ich mir die Burgruine an, bewundere die alten, gut erhaltenen Wandmalereien und freue mich über den tollen Weitblick auf der Burgmauer. Leider kann man hier nirgendwo Getränke kaufen, doch der Gärtner lässt mich aus dem Brunnen trinken - was bei der Hitze ganz gut tut.
Es wird langsam Zeit nach einem geeigneten Aufnahmestandpunkt für den Abend zu suchen, denn zum Strand möchte ich ja auch noch.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Ich fahre mit dem Mietwagen durch das vorher eingegrenzte Gebiet und finde nach einer Stunde nordwestlich von Neos Panteleimonas in der Nähe eines Bolzplatzes in einem Hain die passende Stelle. Obwohl ich mich ein ganzes Stück außerhalb der Stadt befinde, und sowohl das Fußballfeld, als auch der dazugehörige Bau einen seit langem verlassenen Eindruck macht, hoffe ich, dass sich das Gehölz nicht in Privatbesitz befindet.
Wieder ziehe ich die Photopills App zu Rate und finde heraus, um welche Uhrzeit der Mond hinter der in der Ferne liegenden Burg aufgehen wird. Da ich meine Kamera nicht dabei habe, konsultiere ich auch das Sichtfeld-Modul der App. Ich bin noch nicht weit genug entfernt, um die maximal möglichen 200 mm meines Teleobjektivs auszureizen, doch immerhin werde ich ca. 160 mm Brennweite nutzen können. Zufrieden mit meinen Recherchen und zuversichtlich hinsichtlich der Durchführbarkeit meines Plans kann ich guten Gewissens zum Strand fahren und mich in Gesellschaft eines kühlen Bieres ein wenig in der Sonne fläzen.
Die Sonnenliegen an der Beachbar sind kostenfrei nutzbar, sofern man sich ein Getränk bestellt. Da lasse ich mich nicht zweimal bitten, ordere ein Getränk und lasse es mir gut gehen. Abwechselnd schwimme ich ein paar Runden, lasse mich in der Sonne trocknen und lese etwas - ein völlig fremdes Fototourgefühl für mich. Gegen 17:30 Uhr ist aber Schluss mit Zuckerbrot: Es wird Zeit nach Palaios Panteleimonas zurückzukehren, kurz zu duschen, die Fotoausrüstung einzupacken und an der gescouteten Stelle auf den Mondaufgang zu warten.
90 Minuten später ist es dann soweit, doch kaum ist das Stativ aufgebaut und die finale Komposition gefunden, sehe ich einen gestikulierenden Mann am Rande des Gehölzes. Schnell stellt sich heraus, dass die Kommunikation schwierig wird - offenbar spricht er nur griechisch. Trotz meiner Bemühungen mit Händen und Füßen zu erklären, dass ich hier nur fotografiere und ganz bestimmt nichts zerstören möchte, wirkt er leicht aufgebracht. Ich bin wahrscheinlich nicht der charmanteste Kerl, aber irgendwie gelingt es mir sein OK zu bekommen - zumindest interpretiere ich das so, als er resignierend die Hände hebt und sich von dannen macht.
Langsam wird es dunkler, und ich fiebere voller Vorfreude dem Moment des Mondaufgangs entgegen. Inzwischen wird die Burg von außen in einem warmen Farbton angestrahlt, der sich wunderbar kontrastierend von den kühlen Farben des Himmels zur blauen Stunde abhebt. Plötzlich taucht der Mann von vorhin wieder auf - dieses Mal in Gesellschaft einer ganzen Ziegenherde. Wieder gestikuliert er wild und ruft immer wieder “Problem, Problem!”.
Sehr fix bin ich bei ihm - schließlich kann jeden Moment der Mond hinter der Burg aufgehen. Wenn ich ihn richtig verstehe, sollen an meinem Standpunkt jetzt die Ziegen grasen, aber die haben offenbar Angst vor mir und wollen nicht so recht. Auf gar keinen Fall werde ich jetzt aber das Feld räumen, so kurz vor dem Höhepunkt des Abends. Ich habe in der Schule mal Altgriechisch gelernt, aber die paar hängengebliebenen Brocken meines Graecums reichen offensichtlich nicht aus, dem Ziegenhirten mein unbedingtes Bedürfnis, noch eine halbe Stunde bleiben zu dürfen, näher zu bringen.
Ich habe leider keine Zeit mehr für Höflichkeiten: Ich stelle meine Uhr 30 Minuten vor, zeige sie dem Mann, mime meine Abfahrt und mache mich wieder auf den Weg zu meiner Kamera. Mit schlechtem Gewissen lasse ich den schimpfenden Ziegenhirten einfach stehen.
Plötzlich ist es soweit: Unglaublich schnell und dennoch anmutig steigt der Mond hinter der Burg empor, der Anblick dieses Naturschauspiels verschlägt mir fast den Atem. Ich setze mich auf den Boden, starre wie gebannt auf die vor mir liegende Szene und drücke in regelmäßigen Abständen den Fernauslöser. Es ist einer dieser Momente, der mir wohl ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird:
Wie ich an einem warmen Spätsommerabend auf der vertrockneten griechischen Erde sitze, und vor mir in der Ferne die geschichtsträchtige Burg Platamonas liegt.
Der starke Duft von Minze in der Nase, den leichten Wind im Haar und das leise Rauschen der Blätter im Ohr.
Wie der Erdtrabant, der mir gigantisch groß erscheint, sich majestätisch in den Himmel hebt.
Wie dankbar ich der Fotografie bin, dass ich durch sie solche schönen und einzigartigen Momente erleben darf.
Anscheinend haben die Ziegen ihr Ressentiment gegenüber deutschen Fotografen nochmal reflektiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass von mir keine Gefahr ausgeht, denn sie ziehen jetzt einträchtig ein paar Meter neben mir her. Ich mache den Hirten auf die Szene mit dem Mond aufmerksam, und seine eher grummelige Mimik verändert sich sofort. Begeistert schaut er auf den Mond hinter der Burg, dann wieder zu meiner Kamera und zu mir. Er scheint erst jetzt zu verstehen, warum ich unbedingt ausharren wollte. “Super, super!” meint er und setzt sich zu mir auf die Erde. Wortlos genießen zwei sich völlig fremde Menschen für ein paar Minuten den Mondaufgang - ich liebe es.
Gegen 21:15 Uhr verabschiede ich mich von meinem neuen Freund und fahre zurück nach Palaios Panteleimonas. Da dies der letzte Abend meiner Griechenland-Fototour ist, möchte ich den schönen Tag bei einem feudalen Abendessen ausklingen lassen und im Anschluss noch ein wenig die nächtlichen Gassen des Dorfes fotografieren.
Schon auf dem kurzen Fußweg zum Restaurant fällt mir auf, wie verlassen das Dorf zu dieser etwas späteren Stunde wirkt. Nur noch vereinzelt treffe ich auf ein paar Touristen, und ich hoffe, dass ich überhaupt noch irgendwo etwas Warmes zu essen bekomme …
Wie sich herausstellt, ist meine Angst unbegründet: Nach einem gemischten Teller griechischer Spezialitäten und 2 großen Bieren an meinem Stammplatz unter der ausladenden Platane im Dorfzentrum wird es Zeit für mein letztes Bild der Reise.
Mit meinem schweren Kamerarucksack laufe ich die teils sehr steilen Wege des Dorfes rauf und runter, immer auf der Suche nach einem besonders stimmungsvollem Motiv. Hin und wieder mache ich ein paar Aufnahmen mit meinem Handy, da ich so die mögliche Bildwirkung besser beurteilen kann als mit bloßem Auge.
An einer besonders schönen Ecke des Dorfes, die mir schon mehrfach positiv aufgefallen ist, baue ich mein Stativ auf, frickele ein wenig mit der Komposition herum und mache mir Gedanken um die benötigten Aufnahmen.
Zunächst einmal macht mir der enorme Kontrastumfang der Szene ein wenig Sorge. Es gibt sowohl unbeleuchtete Stellen mit tiefschwarzen Schattenbereichen, als auch eine gleißend helle Lampe am Ende der Gasse. Das hier trotz der modernen Kamerasensoren eine einzelne Aufnahme nicht ausreichen wird, ist mir sofort klar. Ich könnte diese zwar so belichten, dass die hellsten Stellen der Szene gerade eben nicht ausgebrannt sind, die restlichen Bereiche würden dann aber zunächst komplett dunkel erscheinen. In der Nachbearbeitung lassen sich die Tiefen zwar erstaunlich gut aufhellen, doch das geht auch immer mit einem Qualitätsverlust einher. Nach mehrfacher Konsultierung des Histograms bei verschiedenen Belichtungszeiten komme ich zu dem Schluss, dass ich mit einer 7er-Belichtungsreihe alle vorhandenen Tonwerte aufzeichnen können müsste - ohne abgesoffene Tiefen oder ausgebrannte Highlights.
Der zweite Punkt betrifft die Schärfentiefe: Ich würde die sehenswerten Pflastersteine gerne vom Vorder- bis zum Hintergrund scharf abbilden. Mit einem einfachen Abblenden auf f/16 oder gar f/22 ist mir aus zweierlei Gründen aber nicht weitergeholfen. Einerseits kommt bei solch kleinen Blenden der Effekt der Beugungsunschärfe zum Tragen, der das ganze Bild softer werden lässt, andererseits würden sich die ohnehin schon langen Belichtungszeiten für die Schattenbereiche verdoppeln, bzw. vervierfachen. Dadurch erhöht sich natürlich die Gefahr, dass mir Menschen ins Bild laufen, oder eine etwas stärkere Windböe die Pflanzenblätter bewegt, die dann natürlich wieder unscharf erscheinen würden.
Es läuft also alles auf einen Focusstack hinaus, bei dem man nacheinander auf verschiedene Punkte im Vorder-, Mittel- und Hintergrund fokussiert, und dann jeweils eine Aufnahme (in meinem Fall eine 7er-Belichtungsreihe) macht. Schwierig hat sich für mich bisher immer das anschließende Zusammensetzen der Aufnahmen gestaltet, weil ich oft sich durch den Wind bewegende Elemente wie Pflanzen im Bild hatte. Auch in dieser Aufnahme gibt es viele Blätter, doch es weht kaum Wind - vielleicht klappt es ja dieses Mal …
Irgendwann wird mir klar, dass sich der Vollmond langsam in die Szene schiebt - ein Bonus, den ich gerne mitnehme. Im Gegensatz dazu gelingt es mir leider nicht, das kleine Kätzchen, das sich inmitten einer 30-Sekundenbelichtung perfekt und in aller Seelenruhe im goldenen Schnitt platziert, aufzunehmen. Nach der halben Minute passe ich schnell die Aufnahmeparameter an, doch der kleine Mäuseschreck hat offenbar genug posiert und ist so zügig, wie er gekommen ist, auch wieder weg. Wirklich schade …
In der Nachbearbeitung entschließe ich mich bewusst für einen ausgebrannten Mondlook, da er andernfalls bei korrekter Belichtung durch die 24 mm Brennweite winzig erschiene.
Freitag, 14.09.2019 - Die Abreise
Mein Rückflug nach Deutschland startet erst um kurz vor Mitternacht, deshalb bitte ich das Management des Pliades Hotels meinen Check-out auf den späten Nachmittag zu verschieben. Da mein Zimmer für den Mittag schon wieder für einen neuen Gast reserviert ist, ziehe ich nach dem Frühstücksbuffet für ein paar Stunden in ein anderes Zimmer - kulanterweise ohne Aufpreis. Anschließend schlendere ich noch ein wenig durch das Dorf, besorge ein paar Souvenirs für meine Kinder und esse eine Kleinigkeit.
Kurz vor meiner Abreise unterhalte ich mich noch ein wenig mit Jon, der mir unbedingt das Zimmer mit der besten Aussicht des Hotels zeigen möchte. Das große Panoramafenster in Zimmer 18 bietet einen fantastischen Blick auf die Ausläufer des Olymp und das Meer - wunderschön.
Gegen 16:00 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Thessaloniki, wo die Rückgabe des Mietwagens problemlos über die Bühne geht. Nach einem ruhigen Rückflug lande ich um 01:30 Uhr am Flughafen Köln-Bonn, melde mich nach der Gepäckabholung beim Shuttle-Service und warte auf den Bulli, der mich zu meinem Wagen bringen soll. Wie befürchtet ist der Fahrer nicht innerhalb der zugesagten 15 Minuten da, auch nach einer halben Stunde stehe ich immer noch am Ausgang - inzwischen mit ein paar anderen Menschen, die ebenfalls auf den Shuttle-Service warten und teilweise noch eine sehr lange Rückfahrt vor sich haben. Während ich mich ergeben meinem Warteschicksal füge, ist die Stimmung bei den anderen nach einer Stunde auf dem Nullpunkt. Was nach dem Eintreffen des Fahrers passiert, macht mich allerdings fassungslos: Ein Mitreisender beschwert sich zwar bestimmt, aber in einem angemessenen Tonfall über die lange Wartezeit, doch der Angestellte des Shuttle-Unternehmens lässt keinerlei Kritik zu und rastet völlig aus. Er schreit herum, beschimpft seine Kunden und droht damit, uns beim nächsten Mal gar nicht abzuholen - unglaublich! Danach rast er mit weit überhöhter Geschwindigkeit mit uns zum Abstellplatz der Autos, wo es beim Aussteigen zu tumultartigen Szenen zwischen dem Fahrer, seinem Chef und den Mitreisenden kommt. Ich halte mich heraus, da ich schnellstmöglich nach Hause möchte, schließlich liegen auch noch 1,5 Stunden Autofahrt vor mir …
Trotz dieses hässlichen Schlussakkords, einiger Missgeschicke, Rückschläge und technischer Pannen habe ich die Fototour wieder sehr genossen. Ich durfte viele nette Menschen kennenlernen, die beeindruckende Landschaft um Meteora erleben, und eines der hübschesten Dörfer Griechenlands besuchen. Ich hoffe, dass dir mein recht persönlicher Bericht über diese Reise gefallen hat und freue mich, wenn Du meine Seite Bilderschmied auf Facebook abonnierst, auf der ich dich über hier neu erscheinende Artikel auf dem Laufenden halten kann.
Vielen Dank!
Anhang - Übersicht der wichtigsten Locations inkl. Geo-Koordinaten
“A Meteora view”
Ein fantastischer Blick in die Ebene mit der Möglichkeit gleich drei Klöster abbilden zu können, besonders zum Sonnenuntergang zu empfehlen. Das Auto kann direkt an der Haltebucht des Klosters Rousanou abgestellt werden (39.722253, 21.63235). Wenn man von dort die Straße hinauf geht, findet man nach der Linkskurve hinter der Mauer den Aufnahmestandpunkt (39.722808, 21.633336).
“Varlaam Nightfall”
An diesem Aufnahmestandpunkt (39.725442 21.631753) bieten sich meiner Meinung nach recht ansprechende Möglichkeiten das Kloster Varlaam in Szene zu setzen. Wenn man nahe am Abgrund fotografiert, sollte man äußerste Vorsicht walten lassen, denn es geht hier senkrecht in die Tiefe. Parkmöglichkeiten bestehen an der Straße oder ganz in der Nähe auf dem Schotterplatz bei (39.725631, 21.632256).
“Silent nights”
Dieser Standpunkt (39.725467, 21.631786) ist nur ein paar Schritte vom dem des Bildes “Varlaam Nightfall” entfernt. Durch die westliche Blickrichtung lässt sich das Kloster Varlaam im Kontext mit dem Kloster Megalo Meteoro abbilden. Besonders beeindruckend finde ich den Felsen, der aus dieser Perspektive Assoziationen an einen gigantischen Kopf hervorruft. Parkplatz siehe “Varlaam Nightfall”.
“View & Vision”
Dies (39.72193 21.630128) ist für mich der geeignetste Standpunkt, um das Kloster Agios Nikolaos Anapafsas im Kontext der beeindruckenden Landschaft zu fotografieren. In den Wintermonaten wird die hinaufführende Treppe in der Dämmerung wohl beleuchtet, während meines Aufenthaltes war dies nicht der Fall. Es besteht eine Parkmöglichkeit direkt am Aufnahmestandpunkt.
“The night watch”
Ein Anblick auf den Ort Kastraki, der mich ungeheuer fasziniert, nicht zuletzt wegen der charakteristischen Felsnadel. Das hier zu sehende Bild entstand bei den Geo-Koordinaten 39.724986, 21.605831. Zwei weitere Alternativen, die etwas näher an Kastraki liegen, befinden sich bei 39.720866, 21.611083 und bei 39.722125, 21.611863. Sein Auto kann man direkt zwischen diesen beiden letzten Punkten parken.
“A sun’s farewell”
Ein schöner Standpunkt (39.991505, 22.573671), um das Dorf Palaios Panteleimonas zum Sonnenuntergang zu fotografieren. Im Hintergrund erkennt man die Ausläufer des Olymp, dem höchsten Bergs Griechenlands. Empfehlenswert ist es das Auto beim Parkplatz (39.990931, 22.573603) abzustellen, und die wenigen Meter zum Aufnahmestandpunkt zu Fuß zurückzulegen.
“Goatherd’s delight”
Von dieser Position (40.008336, 22.586437) hat man nicht nur einen wunderbaren Blick auf die im Südosten liegende Burg Platamonas, sondern auch den mir sehr angenehmen Duft wilder Minze in der Nase. Das Auto habe ich wenige Meter entfernt an dem verlassenen Bolzplatz abgestellt (40.007897 22.586106), direkt bei dem dort vorhandenen Gebäude. Die Burg wird die Nacht über angestrahlt.
“Alley in the night”
Eine der schönsten Ecken des Dorfes Palaios Panteleimonas (39.99215, 22.570733). Während meines Aufenthaltes im September 2019 wirkte das Örtchen zu keinem Zeitpunkt touristisch überlaufen, in der Nacht hat man die tollen Gassen praktisch für sich. Da das Dorf nicht mit dem Auto befahrbar ist, stellt man es am besten auf dem vorgelagerten Parkplatz bei 39.990931, 22.573603 ab.